Betreff: AW: Erneute Anfrage zum Gesetz über kommunale Abgaben
Sehr geehrter Herr Keller,
bereits mit meiner E-Mail vom 01.07.2024 habe ich Ihnen mitgeteilt, dass ein erheblicher Gestaltungsspielraum der Kommunen besteht, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ortsbezogene Bestimmungen zu treffen. Diese Möglichkeiten bestehen auch bei der Festlegung von Verschonungszeiträumen. Ein Beispiel für Maßnahmen, die oftmals zu eher geringeren Belastungen führen, liegt beispielsweise darin, wenn nur Teileinrichtungen wie Beleuchtung oder Gehwege erneuert werden, dass dann geringere Kosten auf die Grundstückseigentümer umzulegen sind, als wenn gleichzeitig auch die gesamte Fahrbahn saniert wird. Daher erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass bei einer geringen Anwohnerbelastung wegen eines Gehwegausbaus bereits nach 15 Jahren die Grundstückseigentümer wieder zu einem Beitrag für die Sanierung einer erneuerungsbedürftigen Fahrbahn herangezogen werden können, soweit die Beitragssatzung dies so vorsieht.
Das KAG gibt entgegen Ihrer Auffassung nicht zwingend vor, dass für die Ermittlung des Freistellungszeitraumes bei jedem Grundstückbesitzer die von ihm in den letzten 25 Jahren gezahlte Einmalbetrag den heute anfallenden wiederkehrenden Beiträgen eins zu eins gegenüberzustellen sind. Auch wenn für den Satzungsgeber als Option eine solche Vorgehensweise möglich wäre, so enthält das Gesetz keine derartige obligatorische „Aufrechnung“-Vorgabe. Vielmehr gibt der Gesetzestext in § 11a Abs.6 Satz 4 KAG lediglich vor, dass die übliche Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen und der Umfang der einmaligen Belastung berücksichtigt werden sollen. Das Gesetz gibt aber nicht vor, in welcher konkreten Weise der Umfang einer früheren einmaligen Belastung zu berücksichtigen ist, sondern überlässt die konkrete Satzungsausgestaltung der Kommune.
Die Formulierung zum Verschonungszeitraum findet sich nicht nur im hessischen KAG, sondern vergleichbar auch in den anderen Landes-KAG, die wiederkehrende Beiträge ermöglicht haben oder hatten. Auch in Bayern wurden vor der Abschaffung der Straßenbeiträge zwischenzeitlich wiederkehrende Beiträge zugelassen. Aus der damaligen Gesetzesbegründung in Bayern ergeben sich Überlegungen auch für die in Hessen gleichlautende Verschonungsregelung. Die Begründung im Gesetzentwurf (Drucksache 17/8225 des Bayerischen Landtags) zu Art. 5b Abs. 5 bayer. KAG lautet dazu wie folgt:
„Der zeitliche Umfang der Verschonung soll sich nach der üblichen Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen und dem Umfang der einmaligen Belastung richten (Art. 5b Abs. 5 Satz 3 KAG-E). Die Freistellung sollte damit nicht pauschal für sämtliche Grundstücke im Abrechnungsgebiet für einen einheitlichen Zeitraum, sondern in Abhängigkeit von der Art und Weise der in der Vergangenheit durchgeführten Ausbaumaßnahmen (Ausbau einzelner oder sämtlicher Teileinrichtungen) zeitlich gestaffelt erfolgen. Alternativ könnten die Gemeinden auch eine einzelfallbezogene Abwägung für die einzelne Anlage (Straße) treffen…“
Die Begründung stellt also klar, dass die Freistellung in Abhängigkeit von der Art und Weise der in der Vergangenheit durchgeführten Ausbaumaßnahmen, also in Abhängigkeit vom Ausbau einzelner oder sämtlicher Teileinrichtungen erfolgen kann. Zudem stellt die Begründung klar, dass der Satzungsgeber einen Gestaltungsspielraum hat.
Ich gehe davon aus, dass Ihre Frage nunmehr abschließend beantwortet werden konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Reinhard Mann-Sixel
Leiter Referat Kommunale Abgaben, Versorgungskassen und Standardabbau
Abteilung Kommunale Angelegenheiten
Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz
Friedrich-Ebert-Allee 12
65185 Wiesbaden